Bedingte Wahrscheinlichkeiten

Wie wir schon aus dem Abschnitt "Absolute und relative Häufigkeit" wissen, ist die Wahrscheinlichkeit ein Wert für die Häufigkeit des Eintreffens eines Ergebnisses. Um es nochmal zu verdeutlichen, hier ein Beispiel:

 

Münzwurf:

 

P(Wappen) = 12 = 50%

 

 

Die Wahrscheinlichkeit, das Wappen zu werfen ist 50%.

Dies ist ein sehr einfaches Beispiel, jedoch ist nicht alles in der Stochastik so leicht. Was wir auch schon wissen bzw. kennen ist, dass es einstufige und mehrstufige Zufallsexperimente gibt. Hier ist es weiterhin möglich, einfache Wahrscheinlichkeiten zum Rechnen zu verwenden.

 

Beispiel:  Ziehen aus einer Urne mit Zurücklegen. Es gibt 3 weiße und 2 rote Kugeln, die sich sonst nicht voneinander unterscheiden lassen.

Berechnen wir nun die Wahrscheinlichkeit für das Ergebnis P("Mario zieht 2 mal hintereinander eine weiße Kugel"):

 

Für den ersten Zug ist es offensichtlich, dass Mario eine Chance von 3 aus 5, also 35 oder 60% auf das Ziehen einer weißen Kugel hat (es gibt 3 weiße Kugeln unter 5 Kugeln).

 

Nach dem ersten Zug legt Mario die Kugel wieder in die Urne zurück und zieht erneut aus der Urne.

Da die Zusammensetzung an Kugeln genau die gleiche ist wie im ersten Zug (er hat die Kugel ja zurück gelegt), ist die Warscheinlichkeit auch die gleiche. Für den zweiten Zug gilt also ebenfalls, dass Mario eine Chance von 3 aus 5, also 35 oder 60% auf das Ziehen einer weißen Kugel hat.

 

Daraus folgt dann die Berechnung des Wahrscheinlichkeit für das Ergebnis oben genannte Ergebnis. Wie wir wissen, müssen wir nach den Pfadregeln einzelne Zugergebnisse multiplizieren, um zum Gesamtergebnis zu kommen:

 

P("Zieht 2 W") = 35 •  35 = 36%

 

 

 

Dieses einfache Beispiel diente kurz zur Wiederholung. Denn jetzt kommt etwas schwierigeres.


Bei dem Beispiel oben war es uns egal, was Mario im ersten Zug zieht, da der zweite Zug nicht davon abhing, was er im ersten Zug gezogen hat. In der Stochastik gibt es jedoch auch Probleme, denen genau diese Überlegung zugrunde liegt:

 

"Wie ist die Wahrscheinlichkeit auf ein Ergebnis, unter der Bedingung, dass vorher ... passiert ist ?"

 

Solche Wahrscheinlichkeiten bezeichnet man als bedingte Wahrscheinlichkeiten.

 

Wie der Begriff "bedingte Wahrscheinlichkeit" schon vermuten lässt, geht es hier darum, Wahrscheinlichkeiten auszurechnen, die unter einer bestimmten Bedingung eintreten.

Anders formuliert: Wie Wahrscheinlich ist A, vorausgesetzt B ist eingetreten?

 

Diese Wahrscheinlichkeit hat eine andere Schreibweise als die einfache Wahrscheinlichkeit.

  • einfache Wahrscheinlichkeit:  P(A) = x  ; "Die Wahrscheinlichkeit von A ist x"
  • bedingte Wahrscheinlichkeit: PB(A) = y ; "Die Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B ist y", oder anders:                                                                "Die Wahrscheinlichkeit von A, wenn man bereits weiß, dass B eingetreten ist, ist y"

Definiton der bedingten Wahrscheinlichkeit:

Erklärung: 

Im Zähler steht die Wahrscheinlichkeit für: "Sowohl A als auch B treten ein" ("A geschnitten B; die sog. Schnittwahrscheinlichkeit")

Im Nenner steht die Wahrscheinlichkeit für: "B tritt ein"

 

Beispiel:

Der Mathelehrer "Ferdinando da Mario"  schreibt zwei Klausuren. 55 % der Schüler bestanden beide Klausuren; 72% der Schüler bestanden nur die erste Klausur.

Wie viel Prozent der Schüler, die die erste Klausur bestanden haben, haben auch die zweite Klausur bestanden ?

 

Warum handelt es sich hier um eine bedingte Wahrscheinlichkeit?

Ganz einfach: Wir wollen den Anteil der Schülern wissen, der beide Klausuren bestanden hat. Die Grundmenge an Schülern ist jedoch eingeschränkt; wir stellen eine Bedingung auf, wir setzen voraus: Sie müssen die erste Klausur bestanden haben.

 

Im ersten Moment wird man vielleicht denken: Was macht das denn für einen Unterschied? Jeder Schüler, der die beide Klausuren bestanden hat, hat doch automatisch die erste Klausur bestanden.

Das ist richtig. Aber wir wollen nicht ausrechnen, wie viele Schüler beide Klausuren bestanden haben.

 

Wir wollen wissen: Wie viel Prozent der Schüler haben beide Klausuren bestanden, wenn wir voraussetzen, dass der Schüler die erste Klausur bestanden hat. Wir schränken also die Grundmenge an Schülern ein.

 

Diese Wahrscheinlichkeit schreiben wir wie folgt auf:

Wenn man die bedingte Wahrscheinlichkeit in einen Satz fassen sollte, würde das etwa so aussehen:

 

Die bedingte Wahrscheinlichkeit ist die Neueinschätzung eines Ereignisses, wenn die Information vorliegt, dass es durch ein vorher eingetretens Ereignis beeinflusst wurde.

 

Zum besseren Verständnis sollten sich die Musteraufgaben angeschaut und im Bedarfsfall selbst nachgerechnet werden.

Wenn das dann sitzt, kann man sich an die Übungsaufgaben setzen.